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Die Hauptstadt als Filmkulisse
Staatssekretär Ingmar Streese weiß, wie man als Filmemacher zu einer Drehgenehmigung kommt | Foto: die_hoffotografen_gmbh

Die Hauptstadt als Filmkulisse

06. Januar 2019

Im Gespräch mit Ingmar Streese, Staatssekretär für Verkehr

Berlin ist – gerade in der letzten Zeit – als Drehstandort für Serien und Filme sehr beliebt. Doch bevor eine Produktion in der Hauptstadt auf öffentlichem Straßenland drehen darf, müssen Drehgenehmigungen gegeben und Straßen gesperrt werden – hauptsächlich dafür zuständig ist die Verkehrslenkung Berlin (VLB). Doch wie kommt man als Filmemacher zu einer Drehgenehmigung? Die BERLINboxx sprach dazu mit Staatssekretär Streese über Drehanfragen, Genehmigungsverfahren und Kosten.

Wie viele Drehanfragen bekamen Sie 2018 und im ersten Halbjahr 2019? Wie viele sind es aktuell?

Sämtliche genehmigungspflichtige Filmdreharbeiten, also die auf öffentlichem Straßenland, werden zentral bei der Verkehrslenkung Berlin (VLB) beantragt. Sie werden geprüft, um die nötigen straßenverkehrsrechtlichen Anordnungen zur Absicherung der Filmdrehorte im öffentlichen Verkehrsraum zu erlassen. Das bedeutet: Dreharbeiten auf privatem Grund, in Innenräumen, selbst solche in öffentlichen Verkehrsmitteln oder in U-Bahnhöfen werden von der VLB nicht bearbeitet, weil sie keine Anordnungen brauchen. Ebenso werden Dreharbeiten in Grünanlagen gesondert von den bezirklichen Grünflächenämtern bearbeitet und genehmigt.

Die Verkehrslenkung kümmert sich insofern um einen Großteil der Drehanfragen in Berlin, aber nicht um alle. Die VLB hat im vorigen Jahr insgesamt 2.144 Drehgenehmigungen– sprich: straßenverkehrsrechtliche Anordnungen zur Absicherung– erteilt. In der ersten Jahreshälfte 2019 waren es 851. Die Zahlen schwanken von Jahr zu Jahr teils recht stark.

Wie oft wird das Brandenburger Tor als Location angefragt?

Die VLB führt leider keine Statistik über bestimmte Locations – die zudem schwer definierbar sind, wenn sie, wie das Brandenburger Tor, gleich ein ganzes Areal abdecken. Die meisten Filmaufnahmen werden aber in den Bezirken Mitte und Charlottenburg-Wilmersdorf beantragt.

Was war die ungewöhnlichste Anfrage?

Ein solches Ranking führen wir leider nicht. Die Film-, Fernseh- und Werbeindustrie beschäftigt aber viele Mitarbeitende damit, die ungewöhnlichsten Locations und Storyboards umzusetzen. Die VLB hat dabei die Aufgabe, den Spagat zwischen diesen Interessen der Kreativwirtschaft und einem funktionierenden Straßenverkehr in Berlin mit möglichst geringfügigen Einschränkungen für Anwohner und Gewerbetreibende zu finden. Das geht oft nur mit Kompromisslösungen.

Wann sagen Sie ja? Was lehnen Sie grundsätzlich ab?

Ausdrückliche Versagungsgründe sind in der Straßenverkehrs-Ordnung nicht aufgezählt. Es geht aber immer um verkehrliche Belange, etwa die Überschneidung mit anderer Sondernutzung, mit Veranstaltungen, Bauarbeiten. Manchmal würden sehr umfangreiche Anträge zu massiven verkehrlichen Auswirkungen führen, teils sind beliebte Filmdrehorte so häufig gefragt, dass es ständig Einschränkungen geben müsste, wollte man alle stets genehmigen. Auch hier müssen Kompromisslösungen helfen.

Die Straßen von Berlin dienen vielfach als Filmkulisse: Hier ist es die Swinemünder Brücke am Gesundbrunnen als Kulisse für die nahe gelegene Bösebrücke, auf der die deutsch-deutsche Grenze 1989 zum ersten Mal geöffnet wurde | Foto: Gesundbrunnen Berlin [CC BY-SA 4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0)]

Die VLB beteiligt im Rahmen der Straßenverkehrsordnung die Bezirke (als Eigentümer des Straßenlands) wie auch die Polizei im Genehmigungsprozess. Abzuwägen sind etwa die Belange des Denkmalschutzes, des ÖPNV, im Fall der Fälle der Bundestagsverwaltung oder der Bundespräsidialverwaltung, des Wasser- und Schifffahrtsamtes, der diplomatischen Einrichtungen und Residenzen der Botschaften sowie anderer schützenswerter Einrichtungen. Erst wenn alle Beteiligten Zustimmung signalisieren, wird die Anordnung erteilt.

Wie lange im Vorfeld muss eine Anfrage gestellt werden und was brauchen Sie dazu?

Anträge sollten mindestens 14 Tage vor Drehbeginn vorliegen. Dabei ist zu beachten, dass entsprechend notwendige Haltverbote bereits mehr als 72 Stunden vor Drehbeginn aufgestellt sein müssen. Jede Anordnung bedarf eines Antrages mit allen notwendigen Angaben, der im Internet in Formularform zur Verfügung steht.

Daneben muss der Antragstellende mit dem gleichen Formular eine Sondernutzungsgenehmigung nach dem Berliner Straßengesetz bei den zuständigen Bezirken beantragen und soweit erforderlich Genehmigungen nach dem Landes-Immissionsschutzgesetz (Lärm, Nachtarbeit usw.) beim bezirklichen Umweltamt einholen.

Haben Sie einen Mitarbeiter, der sich nur darum kümmert?

Die Verkehrslenkung Berlin hat ein zentrales Filmbüro, das derzeit aus einer Sachgebietsleiterin und fünf Mitarbeitenden besteht. Das Filmbüro ist für sämtliche öffentliche Flächen der Stadt der Genehmigungsgeber bei allen straßenverkehrsrechtlichen Belangen im Zusammenhang mit Film-, Fernseh- und Werbefilmproduktionen.

Was kostet ein Drehtag unter dem Brandenburger Tor oder unter der Reichstagskuppel?

Die Kosten, die wir in Rechnung stellen, sind Verwaltungsgebühren. Sie richten sich insofern nicht nach der Bedeutung der Location. Sie werden individuell je nach Umfang der Verkehrsmaßnahmen festgesetzt und bewegen sich in dem bundesweit vorgegebenen Rahmen zwischen 10,20 Euro und 767 Euro. Darüber hinaus fallen noch die Sondernutzungsgebühren der Bezirke und gegebenenfalls auch die der Umweltämter an. (aw)