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Jubiläum – Berlin vor zwanzig Jahren
Das futuristische Sony Center des deutsch-amerikanischen Architekten Helmut Jahn | Foto: Bild von darkpurple auf Pixabay

Jubiläum – Berlin vor zwanzig Jahren

14. August 2020

Die BERLINboxx feiert zwanzigjähriges Jubiläum – für uns eine Gelegenheit, eine kleine Zeitreise zu unternehmen und zu fragen: was bewegte Berlin vor 20 Jahren? In welchem wirtschaftlichen und politischen Umfeld ging die BERLINboxx an den Start?

In erster Linie war Berlin 2000 von Gegensätzen geprägt. Zum einen hatte die Aufbruchsstimmung die Stadt seit der Wende nie verlassen: Die Bundesregierung war kurz zuvor – endlich – von Bonn nach Berlin gezogen, Kampagnen wie „Das neue Berlin“ warben für eine einheitliche, moderne Hauptstadtmetropole und die Loveparade, als Aushängeschild für eine tolerante und offene Stadt, erreichte ihre Blütezeit und sorgte für Bilder, die um Welt gingen. Gleichzeitig waren die Wunden der jahrzehntelangen Trennung noch deutlich spürbar. In ihrer absoluten Beharrlichkeit an eingeimpftem Glauben und alten Werten festzuhalten, standen sich Ost- und Westberliner in nichts nach. Durch diese Zerrissenheit, die mit dem modernen, globalisierten Wandel in keiner Weise harmonisieren konnte, hinderte sich die Stadt in gewisser Weise selbst an einer schnelleren Entwicklung.

Eberhard Diepgen – Ruhepol in einer unruhigen Stadt

Auch für den damaligen Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen war es keine leichte Aufgabe, die Stadt mit ihren tiefverwurzelten gegensätzlichen Mentalitäten anzuleiten. Allerdings dürfte dem langjährigen CDU-Mann vollkommen bewusst gewesen sein, welche Arbeit ihn erwarten würde, als er sich 1999 erneut bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus aufstellen ließ. Denn er regierte den Westen Berlins bereits seit 1984, mit einer kleinen Unterbrechung zwischen 1989 und 1991. Eberhard Diepgen war am Beginn seiner Karriere durchaus umstritten. Anfangs wurde er oft unterschätzt, von seinen Gegnern als „blass“ beschrieben. Aber gerade diese unscheinbare, taktische Art half Berlin vor 20 Jahren. Allerdings war 2000 das letzte Regierungsjahr Diepgens, denn schon ein Jahr später – 2001 – musste Diepgen auf Grund einer Spendenaffäre das Amt abgeben. Ihm folgte Klaus Wowereit, der Berlin in der ihm eigenen extrovertierten Art in eine neue Ära des Aufbruchs führte. Und so wie sich Diepgens politischer Höhepunkt dem Ende neigte, begann die große Karriere von Angela Merkel erst richtig. Sie wurde 2000 in Berlin zur ersten Frau an der Spitze der CDU gewählt.

Foto: Ralf Roletschek/CC By-SA (creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/)
Eberhard diepgen, der regierende Bürgermeister mit der bisher längsten Amtszeit | Foto: Ralf Roletschek/CC By-SA (creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/)

Staatsoberhäupter aus aller Welt besuchen Berlin

Denkwürdig war auch der Auftritt einer anderen Frau. Queen Elizabeth II kam zur Eröffnung der britischen Botschaft. Die Berliner freuten sich und hießen sie herzlich in der Stadt willkommen. Genauso beliebt war der damalige US-Präsident Bill Clinton, der wegen einer Konferenz in die Stadt kam und bei einem Abstecher in ein Lokal in Prenzlauer Berg auf eine Menschenmasse voller Fans traf. Nicht ganz so freudig nahmen die Berliner Wladimir Putin in Empfang, der kurz nach seiner Amtseinführung die deutsche Hauptstadt im Juni 2000 zu politischen Zwecken bereiste. Trotz kleinerer Bürgerproteste wurde er nach einem Abendessen in der Spandauer Zitadelle zum Ritter geschlagen.

Von noch größerer historischer Bedeutung – und mit großer Anspannung verbunden – war nur der Besuch des damaligen iranischen Präsidenten Mohammad Chãtami. Bedeutend, da es der erste Besuch eines iranischen Oberhauptes seit 1967 war. Damals kam Benno Ohnesorg durch einen Polizisten auf der Demonstration gegen den damaligen iranischen Schah zu Tode. Dieser Vorfall beeinflusste maßgeblich die 68er-Bewegung und ging somit in die Geschichte ein. Da die Politik des Irans im Jahre 2000 ähnlich umstritten war wie 1967, fanden erneut Demonstrationen statt, die vor allem in Deutschland lebende Exil-Iraner initiierten. Im Endeffekt verlief der Besuch jedoch ereignisloser, als zuvor erwartet: Chãtami trug sich in das goldene Buch der Stadt ein und hielt eine Rede über die Symbolik Berlins hinsichtlich der Weltgeschichte.

Senat beschliesst Bezirksgebietsreform

Bedeutsam war die innenpolitische Entscheidung Berlins, die 23 Bezirke Berlins zu 12 zusammenzufassen. Zwar erhoffte man sich dadurch Kosteneinsparungen durch eine schlankere Verwaltung, aber es war vor allem auch ein Statement für ein geeintes Berlin, da die alten Ortsgrenzen teilweise zu Zeiten der DDR entstanden. Seit der Reform gehören Stadtteile zusammen, die früher von der Mauer getrennt wurden, wie Friedrichshain-Kreuzberg. Im Vorfeld fürchteten einige, einen Teil ihrer Heimatidentität zu verlieren und damalige Politiker stritten lange darüber, welches Rathaus bleiben durfte.

Die Skyline verändert sich

2000 war aber nicht nur ein Jahr der politischen Akteure. Auch architektonisch tat sich einiges. Das Sony Center, als bauliches Symbol des Aufbruchs und des vereinigten Berlins, wurde nach aufwendiger Planung am Potsdamer Platz eingeweiht. Berlin verlor zu Beginn des neuen Jahrtausends aber auch die Vergangenheit nicht aus den Augen. Um den Juden zu gedenken, die durch das nationalistische Regime ermordetet wurden, wurde beschlossen, ein Mahnmal im Zentrum der Stadt zu errichten. Der symbolische Baubeginn fand am 27. Januar 2000 statt. Heute, 30 Jahre nach der Wiedervereinigung Deutschlands, gehört Berlin in vielen Bereichen zu den Städten in der Welt, die in kultureller, gesellschaftlicher und auch wirtschaftlicher Hinsicht beneidet werden. Der Diskurs über die zukünftige Entwicklung bleibt mit Sicherheit eines: spannend!

Foto: Sony
2000 wurde das Sony Center als bauliches Symbol des Aufbruchs und des vereinigten Berlins eingeweiht. | Foto: Sony

(aak)